Die Inspiration zu diesem Kapitel des Metal-ABCs stammt vom MSC-Vorstandsmitglied Nati, die bei unserem Festival «Metal Storm Over Luzern Vol. 1» für das Catering sorgte. Bei einem Gespräch in der Küche des Veranstaltungsorts Südpol fragte sie zwischen zwei Pfannenschwenkern, ob es eigentlich typische Metal-Gerichte gäbe. Gute Frage! Von was ernähren sich Metaller bevorzugt, einmal abgesehen von Musik?

Für andere Genres der Populärkultur fällt die Antwort leicht. Im Straight Edge Hardcorepunk stehen vegetarische und vegane Kost hoch im Kurs. Die erzkonservative Country-Ikone Charlie Daniels wiederum sang 1989 mit breiter Brust: «I was raised on beans and cornbread and I like my chicken fried» («A Few More Rednecks»). In der Weltmusik dominiert, logisch, Kost aus aller Welt. Teile der Punkszene scheinen Junkfood wie Pizza, Burger, Tacos zugeneigt zu sein (Jello Biafra & Mojo Nixon, «Burgers Of Wrath»; Angry Samoans, «Tuna Taco», Aquabats, «Pizza Day»). Aber im Metal?

Orientiert man sich an den Songtexten von Cannibal Corpse, könnte der Eindruck entstehen, die Fans labten sich vorrangig an eigenhändig exhumierten Leichenteilen. Auch Judas Priest riefen zum Kannibalismus auf: «Eat Me Alive». Im Kontrast dazu steht die verbürgte Präferenz pflanzlicher Kost bei Carcass. Für Motörhead galt zwar die Losung «Eat the Rich», doch privat verspeiste Lemmy lieber frittierte Kartoffeln (nein, gemeint sind nicht Deutsche, sondern profane Knollengewächse!). Als ich ihn in einem Interview einmal fragte, welches Tier er definitiv nicht essen würde, antwortete er wie aus der Pistole geschossen: ein Schnabeltier. Das sähe so albern aus, dass man sich wohl vor Lachen daran verschluckte. Auch anderweitig bietet sich ein maximal diverses Bild: James Hetfield ist Fleischliebhaber, Alissa White-Gluz ist Veganerin, die Mehrzahl tourender Metalbands futtert alles Mögliche, einfach, um zu überleben.

Aber gibt es nicht doch etwas Spezifisches an der Metalküche? Findet sich vielleicht der eine oder andere Hinweis im Kochbuch «Lecker, lecker Metalküche» (2005) aus dem Umfeld des Wacken-Open-Airs? Autorin Sheree Hesse versammelt im Buch tendenziell fleischlastige Gerichte, von denen einige auf dem Wacken-Festival des Jahres 2004 zusammengebrutzelt wurden: «Prärie-Austern (Lammhoden)», «Überfahrener Blechhase», «Krötenrotze», «Abgehackte Finger» – klingt krass, die Gerichte dahinter sind es überwiegend nicht. Und auch die Gemüse-Fraktion kommt auf ihre Kosten.


Aber vielleicht ist ja gerade die Kombination aus aussergewöhnlicher Inszenierung und gewöhnlicher Grundlage das Typische an der Metalküche wie auch am Heavy Metal selbst? Diesen Schluss legt nicht nur Hesses Buch, sondern auch «Hellbent for Cooking: A Heavy Metal Cookbook» (2009) nahe. Verfasst hat es Annick Giroux, Sängerin der Doom-Metalband Cauchemar. Sie versammelt in ihrem kulinarischen Kompendium die Lieblingsrezepte diverser Metalbands von Anthrax über Mayhem und Repulsion bis Toxic Holocaust. «Mummified Jalapeño Bacon Bombs», «Speed Metal Vegan Tofu», «Viking Testicle» – auch hier sind die Gerichte weniger krass, als es die Titel vermuten lassen. So lässt sich die Metalküche auf die kompakte Formel bringen: «Anything goes – as long as it sounds heavy!»