Weihnachten gilt als das Fest von Frieden und Harmonie. Weltweit feiern Christen die Geburt ihres Heilands – auf die „unbefleckte Empfängnis“ (ein altes Codewort für „Seitensprung“, Zwinkersmiley) folgte eine Schwangerschaft „ohne Schmerzen“, wie es im Weihnachtslied „Maria durch ein Dornwald ging“ heisst. Auch die Niederkunft gelang wohl ohne grössere Probleme. Gottes Sohn kommt somit zwar in prekären Verhältnissen zur Welt, aber die Umstände sind doch weitestgehend Kuschelrock. Ganz anders das vorläufige Ende – die Kreuzigung ist durch und durch Heavy Metal: Gewalt, Leid, Schmerz, Opfer, Spektakel, Tod. Geburt in der Krippe, schön und gut, aber erst das Kreuz macht Jesus zum Christus! Genau deshalb sollte man an Weihnachten keinen trügerischen Frieden aufkommen lassen. Als Gegenpol zur Harmonieseligkeit empfiehlt es sich, die Festtage mit passenden Metalsongs zu untermalen. Gottlob besteht kein Mangel an Playlists: Ob Amon Amarths „Viking Christmas“, King Diamonds „No Presents for Christmas“, Sabatons „Christmas Truce“ oder Type O Negatives „Red Water (Christmas Mourning)“ – so kommt mit Metal das Kreuz zur Krippe.

Ein Musikgenre wie Heavy Metal, das auf die schwarzen, brutalen Seiten der Existenz fokussiert, kann wenig mit der unspektakulären Niederkunft in Bethlehem, aber viel mit der schauerlichen Kreuzigung auf dem Golgota-Felsen anfangen. Da erstaunt es nicht, dass dieser Teil der christlichen Mythologie zu den thematischen Haupteinflüssen des Heavy Metal gehört und das Kreuz, wenngleich oft in umgedrehter oder brennender Form, allgegenwärtig ist. Darin liegt eine eiserne Ironie: Heavy Metal ist ein dunkles, aber überaus lebendiges Archiv der Religionen, vor allem der christlichen. Am Weihnachtstag wäre es angebracht, dass die Vertreter der christlichen Religion, vom Papst über den Bischof bis zum Dorfpfarrer, Heavy Metal einmal ihren Dank aussprächen. Denn immerhin hat Heavy Metal die christliche Religion im 20. Jahrhundert quasi im Alleingang davor gerettet, in Vergessenheit zu geraten!

Die Entwicklung ist eindeutig: Während in den westlichen Gesellschaften die Kirchen immer leerer wurden, wurden die Metal-Konzerte immer voller. Und mochte da auch die Religion kritisiert werden, so wurden in der Kritik doch die religiösen Botschaften und Symbole weitergegeben. Anders gesagt: Die Kreuze wurden zwar umgedreht, aber es waren halt immer noch Kreuze. Und während das Christentum im Laufe der Zeit seine auf den grausamen Tod am Kreuz gründende Moral preisgab, um sich im unverfänglichen Lifestyle-Sektor in ewige Weihnachtlichkeit zu flüchten, hielt Metal die Fahne von Leid und Schmerz hoch. Wo also bleibt der Dank? Das Mindeste wäre eine weihnachtliche Metal-Messe auf dem Petersplatz, in der Papst Franziskus persönlich die Verdienste des Metal preist!